3sat online, vom 12. September 2017
«Paartherapeut Klaus Heer - Der Hin- und Zuhörer»
Klaus Heer kennt man in der Schweiz. Er ist DER Beziehungsexperte par exellence. Das kommt nicht von ungefähr: Der quicklebendige 74-Jährige hat die Lust nicht verloren. Die Lust, Menschen zuzuhören. Auf sie einzugehen. Ergo nicht bloss Sender, sondern immer auch Empfänger zu sein.
INTERVIEW: DANIELLE VORBURGER
INTERVIEW: DANIELLE VORBURGER
Ein Besuch
«Ich habe mich zeitlebens keine Tipps gehalten»: Seine Augen funkeln. Mit einem verschmitzten Grinsen und lustvoll führt der Paartherapeut sich und seine Arbeit ad absurdum. Und doppelt gleich nach:
«Tipps sind ‹Chabis› (Blödsinn)!»
Derart lustvoll kann sein Gegenüber nur provozieren, wer nichts zu verlieren hat. Und das ist beim feingliedrigen Berner der Fall.
Der Bauernsohn, der hätte Priester werden sollen
Zwölf Kinder waren sie, die Heers, mausarme Bauern. Dem Ältesten war wie damals gang und gäbe der Weg zum Priestertum vorbestimmt. Klaus war der Älteste. Gymnasium im Männerkloster ja, aber dann kam die Weigerung. Nicht das Mönchtum, nicht die Landwirtschaft: Die Psychologie hatte es ihm angetan.
Der Vater, wohl enttäuscht, lässt den Filius ziehen, verwehrt ihm aber gänzlich den finanziellen Support.
«Das war happig. Ich habe Zeitungen ausgetragen, kleine Jobs gemacht, um mich durch's Studium zu bringen». Er arbeitet später als Redaktor beim Radio. «Mein Brotjob». Heer wird nachdenklich. Jetzt führen ihn die Gedanken nach Hamburg, das er der Liebe wegen verlässt, nach Bern kommt und da sein Studium abschliesst.
Die Liebe gipfelt in einer Hochzeit und vergeht kurz darauf, gnadenlos. Was hat er falsch gemacht? – «Nichts. Wir waren jung und wussten nichts. Es war schlicht ein Irrtum.»
43 Jahre Menschen begleiten und sehen: Es wird nicht einfacher!
Heer stürzt sich mit Leidenschaft in seine Beratertätigkeit. Er erlebt Tragisches, Trauriges, und manchmal muss er mit den Paaren zusammen herzhaft lachen.
«Kein Paar ist gleich, es gibt nie einfach ein Patentrezept!»
Genau das mache es doch so spannend, und ab und an sei er auch überfordert mit einer verzwickten Geschichte, gibt Heer unumwunden zu.
Ein erfolgreicher Paartherapeut zu sein heisst übrigens nicht, selbst das perfekte Paarleben zu führen. Das musste Heer in seiner zweiten Ehe erfahren: «Scheidung nach über drei Jahrzehnten Ehe, das war schlimm, auch für die beiden erwachsenen Töchter.» Zu verschieden seien die Bedürfnisse und Erwartungen gewesen.
Seit 43 Jahren nun sitzt Klaus Heer Paaren gegenüber, zuhörend, eingreifend.
«Ich bin überzeugt, dass die allermeisten meiner Kunden die Lösung ihres Problems schon mit sich herumtragen!»
Heer fungiert hier als eine Art Geburtshelfer.
Was hat sich im Laufe dieser 43 Jahre verbessert? Klaus Heer überlegt lange, still. Bis er fast verzweifelt fragt: «Kann ich auch erzählen, was schlimmer geworden ist?»
Die häusliche Prostitution hat zugenommen.
Der Paartherapeut beobachtet mit Sorge, wie heftig die Verführungen geworden sind. Seitensprungportale, sogar TV-Werbung für Seitenspringer, Pornos, SMS, Snapchat: Es ist so einfach, aus einer Beziehung auszuscheren.
Besonders krass findet Heer, wie die häusliche Prostitution sich ausbreitet. Primär junge Männer - animiert durch Pornokonsum - würden von ihren Partnerinnen Dinge und Praktiken erwarten, die sie gesehen hätten. Viele Frauen würden mitmachen. Aus Angst, der Partner würde sonst fremdgehen oder sich trennen wollen.
«Die jungen Menschen sind überhaupt nicht freier in ihrer Sexualität. Und auch nicht im Drüber-Reden!»
Klaus Heers Eloquenz, gepaart mit Wissen, Weisheit und Witz lassen ihn zum Vorzeige-Paartherapeuten in den Medien werden. Er schreibt mehrere Bücher, Kolumnen und redet in Radio und Fernsehen mit, wenn's um Beziehungen geht. Auch heute, mit 74, hört er immer noch gern zu. Und landet träfe Sprüche. Erst kürzlich hat er irgendwo geschrieben: «Das wichtigste Liebesorgan ist das Ohr!»
«Ich habe mich zeitlebens keine Tipps gehalten»: Seine Augen funkeln. Mit einem verschmitzten Grinsen und lustvoll führt der Paartherapeut sich und seine Arbeit ad absurdum. Und doppelt gleich nach:
«Tipps sind ‹Chabis› (Blödsinn)!»
Derart lustvoll kann sein Gegenüber nur provozieren, wer nichts zu verlieren hat. Und das ist beim feingliedrigen Berner der Fall.
Der Bauernsohn, der hätte Priester werden sollen
Zwölf Kinder waren sie, die Heers, mausarme Bauern. Dem Ältesten war wie damals gang und gäbe der Weg zum Priestertum vorbestimmt. Klaus war der Älteste. Gymnasium im Männerkloster ja, aber dann kam die Weigerung. Nicht das Mönchtum, nicht die Landwirtschaft: Die Psychologie hatte es ihm angetan.
Der Vater, wohl enttäuscht, lässt den Filius ziehen, verwehrt ihm aber gänzlich den finanziellen Support.
«Das war happig. Ich habe Zeitungen ausgetragen, kleine Jobs gemacht, um mich durch's Studium zu bringen». Er arbeitet später als Redaktor beim Radio. «Mein Brotjob». Heer wird nachdenklich. Jetzt führen ihn die Gedanken nach Hamburg, das er der Liebe wegen verlässt, nach Bern kommt und da sein Studium abschliesst.
Die Liebe gipfelt in einer Hochzeit und vergeht kurz darauf, gnadenlos. Was hat er falsch gemacht? – «Nichts. Wir waren jung und wussten nichts. Es war schlicht ein Irrtum.»
43 Jahre Menschen begleiten und sehen: Es wird nicht einfacher!
Heer stürzt sich mit Leidenschaft in seine Beratertätigkeit. Er erlebt Tragisches, Trauriges, und manchmal muss er mit den Paaren zusammen herzhaft lachen.
«Kein Paar ist gleich, es gibt nie einfach ein Patentrezept!»
Genau das mache es doch so spannend, und ab und an sei er auch überfordert mit einer verzwickten Geschichte, gibt Heer unumwunden zu.
Ein erfolgreicher Paartherapeut zu sein heisst übrigens nicht, selbst das perfekte Paarleben zu führen. Das musste Heer in seiner zweiten Ehe erfahren: «Scheidung nach über drei Jahrzehnten Ehe, das war schlimm, auch für die beiden erwachsenen Töchter.» Zu verschieden seien die Bedürfnisse und Erwartungen gewesen.
Seit 43 Jahren nun sitzt Klaus Heer Paaren gegenüber, zuhörend, eingreifend.
«Ich bin überzeugt, dass die allermeisten meiner Kunden die Lösung ihres Problems schon mit sich herumtragen!»
Heer fungiert hier als eine Art Geburtshelfer.
Was hat sich im Laufe dieser 43 Jahre verbessert? Klaus Heer überlegt lange, still. Bis er fast verzweifelt fragt: «Kann ich auch erzählen, was schlimmer geworden ist?»
Die häusliche Prostitution hat zugenommen.
Der Paartherapeut beobachtet mit Sorge, wie heftig die Verführungen geworden sind. Seitensprungportale, sogar TV-Werbung für Seitenspringer, Pornos, SMS, Snapchat: Es ist so einfach, aus einer Beziehung auszuscheren.
Besonders krass findet Heer, wie die häusliche Prostitution sich ausbreitet. Primär junge Männer - animiert durch Pornokonsum - würden von ihren Partnerinnen Dinge und Praktiken erwarten, die sie gesehen hätten. Viele Frauen würden mitmachen. Aus Angst, der Partner würde sonst fremdgehen oder sich trennen wollen.
«Die jungen Menschen sind überhaupt nicht freier in ihrer Sexualität. Und auch nicht im Drüber-Reden!»
Klaus Heers Eloquenz, gepaart mit Wissen, Weisheit und Witz lassen ihn zum Vorzeige-Paartherapeuten in den Medien werden. Er schreibt mehrere Bücher, Kolumnen und redet in Radio und Fernsehen mit, wenn's um Beziehungen geht. Auch heute, mit 74, hört er immer noch gern zu. Und landet träfe Sprüche. Erst kürzlich hat er irgendwo geschrieben: «Das wichtigste Liebesorgan ist das Ohr!»
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor