Dr. Klaus Heer

SonntagsBlick vom 19. Januar 2014
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«Andere Prioritäten als die Liebe»

Auffallend oft trennen sich erfolgreiche Frauen von ihren Männern – oder werden Knall auf Fall verlassen. Der Paartherapeut Klaus Heer [70] erklärt, warum sich solche Fälle derzeit häufen.

INTERVIEW: FLAVIA SCHLITTLER
Weshalb bleibt bei erfolgreichen Frauen die Liebe so oft auf der Strecke?
Klaus Heer: Weder die Männer noch die Frauen haben sich bisher an die neue Entwicklung gewöhnen können, dass immer mehr Frauen an die Spitze des beruflichen Erfolgs vordringen. Beide Partner sind gleichermassen hilflos. Die beruflich starke Frau überfordert die Liebesfähigkeit ihres «unterlegenen» Mannes.

Wo liegt dabei die Verantwortung der Frau?
Sie hat genau das gleiche Problem wie der Erfolgsmann: In ihrem Kopf gibt es andere und mächtigere Prioritäten als die Liebe - nämlich den beruflichen Aufstieg. Sonst hätte sie ja nicht diesen Grosserfolg. Sie ist auf die trügerische Männer-Maxime «Macht ist sexy» hereingefallen. Andere Werte wie Beziehung, Kinder und Geborgenheit geraten dabei ins Hintertreffen. Wenn die Frau das realisiert, ist es bereits zu spät.

Wo liegt in solchen Fällen die Verantwortung des Mannes?
Die wenigsten Männer verstehen es, eine Frau zu lieben, die nicht in ihr scheinbar angeborenes Beuteschema «jung, schön, unterlegen» passt.
Diese Männer fühlen sich dann zu schwach – sie sind es auch. Und zwar, weil sie sich nicht von ihrem antiquierten Mann-Frau-Bild zu lösen vermögen. Eine starke Frau macht sie nicht an. Sie ist eher eine Bedrohung für sie.

Was muss ein Mann mitbringen, um an der Seite einer erfolgreichen Frau zu bestehen?
Ohne ein gerüttelt Mass an Eigenständigkeit wird er es neben einer solchen Frau nicht schaffen. Die Rolle des aufrechten Prinzgemahls ist anspruchsvoller als jene der Königin an seiner Seite.

Beatrice Egli sagt, es hätten sich immer mehr Gegensätzlichkeiten in die Beziehung gedrängt. Er wollte Action, sie Ruhe, sie wollte ihn bei Anlässen an ihrer Seite, er hatte dazu keine Lust. Sind das nach Ihrer Erfahrung typische Beziehungskiller?
Gegensätze erlebt man beim Beziehungsstart als faszinierend und charmant – später als nervig und überfordernd. Das ist in jeder Beziehung sehr anspruchsvoll. Und manchmal so belastend, dass sie daran zerbricht.
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor