Beobachter 19. März 2015
«Ratschläge für die Beziehung funktionieren nicht»
Seit mehr als 40 Jahren hilft Klaus Heer Paaren, ihre Probleme in den Griff zu bekommen. Trotzdem sagt er heute: Beziehungsarbeit bringt nichts.
INTERVIEW: SELINA STUCKI
INTERVIEW: SELINA STUCKI
Klaus Heer: Ihre über dreissigjährige Ehe ging vor einigen Jahren in die Brüche. Woran lag es?
Ich habe mich mehrfach getäuscht. Und ich habe die Folgen dieser Täuschungen unterschätzt. Das sehe ich jetzt in der Rücksschau deutlich. Ich glaube, ich hielt meine Ehe für unverwundbar. Es war wohl eine Art berufsbedingte Hybris.
Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus der Trennung?
Die Trennungszeit war die aufwendigste und brutalste Weiterbildung, die ich je erlebt habe. Da musste ich mein eigenes Versagen zur Kenntnis nehmen.
Was haben Sie daraus gelernt?
Ich musste am eigenen Leib die wuchtige Erfahrung machen, dass Beziehungen – auch die meine – offenbar sterblich sind. Wie alle anderen Organismen. Die französische Schauspielerin Jeanne Moreau sagte es poetisch: «Liebe wächst und blüht. Warum sollte sie nicht auch welken, wie alles andere auf Erden.» Früher war ich überzeugt: Wenn man alles gut macht, kann eine Beziehung lange halten. Und zwar glücklich. Heute weiss ich: Das war schlicht überheblich und unbedarft.
Der Paartherapeut weiss also kein Erfolgsrezept?
Nein. Das Erfolgsrezept hat bei jedem Paar ganz andere Zutaten. Als Paartherapeut stehe ich dem Paar nur bei, beharrlich nach seinem eigenen Weg zu suchen. Wenn eine Beziehung welkt, muss sie aber keinesfalls um jeden Preis gerettet werden. Mein berufliches Selbstverständnis hat sich mit den Jahren verändert. Und auch meine Auffassung von Beziehung.
Inwiefern denken Sie anders?
Ich glaubte, eine gute Beziehung sei direkt abhängig vom Aufwand, den ich für sie betreibe. Wenn ein Paar an der Beziehung arbeitet, zusammen Beratungsbücher liest, Übungen macht – dann kommt das gut. Erst mit der Zeit fiel mir auf, dass niemand umsetzt, was in Beratungsbüchern steht.
Weshalb nicht?
Ratschläge funktionieren nicht. Vor etwa zehn Jahren habe ich 25 Laufmeter meines Büchergestells mit Beziehungs- und Ratgeberbüchern weggeschmissen. Ich selbst bin ebenso beratungsresistent wie meine Klientenpaare. Ich habe noch nie einen Ratschlag umgesetzt. Noch nie, glaube ich.
Ernüchternd für jemanden, der sein Berufseben lang als Paartherapeut gearbeitet hat.
Ja, lieber nüchtern als besoffen, wenn es um Liebe und Zweisamkeit geht. Die nüchterne Sicht auf das eigene zweisame Leben ist mit Vorteil leicht und nicht so todernst, wie es den meisten problemgepeitschten Paaren vorkommt. Es gibt viel Anlass, über die paarweise Situationskomik zu lachen, wenn man sich unerschrocken über die Google Map der Beziehung beugt.
Wie meinen Sie das?
Ist ein Paar bei mir in der Praxis, öffnen wir die Karte und schauen, wo sich die beiden befinden und allenfalls, wo sie hinwollen. Dann sage ich: Nun lasst mal eure Beziehungsnabelschau für einen Monat. Geht ins Gelände!
Raus in die Realität.
Genau. Es macht wenig Sinn, vor lauter «Reden über uns» das pralle Leben im Gelände zu verpassen. Im Gegenteil: Häufig sind die ätzenden Versuche zu «kommunizieren» das Problem. Vielleicht könnte man sich ja schlicht davon lösen und wäre damit einer «Lösung» schon viel näher.
Gibt es überhaupt Situationen, wo reden über die Beziehung sinnvoll ist?
Ja, klar: Solange es Freude macht. Was soll eine verkrampfte paarinterne Sadomaso-Veranstaltung am Küchentisch? Ist doch bizarr, wie die Zwei sich grillieren und gleichzeitig nichts sehnlicher möchten, als es gut haben miteinander!
Also raten Sie Paaren zur Lockerheit?
Nein, zu Lockerheit kann man nicht raten, das ist ein Ergebnis. Was lockert, ist das gegenseitige Interesse im Alltag. Wenn meine Partnerin ganz simpel über ihren Tag erzählen möchte, und mich interessiert das, dann ist das ein gutes Gefühl, für beide. Weshalb? Weil sie erlebt, dass sie die Frau meines Lebens ist und sie mich wirklich interessiert.
Was würden Sie einem Paar raten, das trotzdem unglücklich ist?
Ich würde den einen Partner einladen: «Erzählen Sie ihrem Gegenüber mal, was Sie unglücklich macht. Nur erzählen, einfach berichten». Ich selbst würde sorgfältig dafür sorgen, dass der, der angesprochen ist, auch wirklich in aller Ruhe zuhört. Denn normalerweise will man gar nichts hören vom Liebeskummer des anderen. Man fühlt sich direkt angegriffen und ist voll damit beschäftigt, sich zu verteidigen.
Ich habe mich mehrfach getäuscht. Und ich habe die Folgen dieser Täuschungen unterschätzt. Das sehe ich jetzt in der Rücksschau deutlich. Ich glaube, ich hielt meine Ehe für unverwundbar. Es war wohl eine Art berufsbedingte Hybris.
Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus der Trennung?
Die Trennungszeit war die aufwendigste und brutalste Weiterbildung, die ich je erlebt habe. Da musste ich mein eigenes Versagen zur Kenntnis nehmen.
Was haben Sie daraus gelernt?
Ich musste am eigenen Leib die wuchtige Erfahrung machen, dass Beziehungen – auch die meine – offenbar sterblich sind. Wie alle anderen Organismen. Die französische Schauspielerin Jeanne Moreau sagte es poetisch: «Liebe wächst und blüht. Warum sollte sie nicht auch welken, wie alles andere auf Erden.» Früher war ich überzeugt: Wenn man alles gut macht, kann eine Beziehung lange halten. Und zwar glücklich. Heute weiss ich: Das war schlicht überheblich und unbedarft.
Der Paartherapeut weiss also kein Erfolgsrezept?
Nein. Das Erfolgsrezept hat bei jedem Paar ganz andere Zutaten. Als Paartherapeut stehe ich dem Paar nur bei, beharrlich nach seinem eigenen Weg zu suchen. Wenn eine Beziehung welkt, muss sie aber keinesfalls um jeden Preis gerettet werden. Mein berufliches Selbstverständnis hat sich mit den Jahren verändert. Und auch meine Auffassung von Beziehung.
Inwiefern denken Sie anders?
Ich glaubte, eine gute Beziehung sei direkt abhängig vom Aufwand, den ich für sie betreibe. Wenn ein Paar an der Beziehung arbeitet, zusammen Beratungsbücher liest, Übungen macht – dann kommt das gut. Erst mit der Zeit fiel mir auf, dass niemand umsetzt, was in Beratungsbüchern steht.
Weshalb nicht?
Ratschläge funktionieren nicht. Vor etwa zehn Jahren habe ich 25 Laufmeter meines Büchergestells mit Beziehungs- und Ratgeberbüchern weggeschmissen. Ich selbst bin ebenso beratungsresistent wie meine Klientenpaare. Ich habe noch nie einen Ratschlag umgesetzt. Noch nie, glaube ich.
Ernüchternd für jemanden, der sein Berufseben lang als Paartherapeut gearbeitet hat.
Ja, lieber nüchtern als besoffen, wenn es um Liebe und Zweisamkeit geht. Die nüchterne Sicht auf das eigene zweisame Leben ist mit Vorteil leicht und nicht so todernst, wie es den meisten problemgepeitschten Paaren vorkommt. Es gibt viel Anlass, über die paarweise Situationskomik zu lachen, wenn man sich unerschrocken über die Google Map der Beziehung beugt.
Wie meinen Sie das?
Ist ein Paar bei mir in der Praxis, öffnen wir die Karte und schauen, wo sich die beiden befinden und allenfalls, wo sie hinwollen. Dann sage ich: Nun lasst mal eure Beziehungsnabelschau für einen Monat. Geht ins Gelände!
Raus in die Realität.
Genau. Es macht wenig Sinn, vor lauter «Reden über uns» das pralle Leben im Gelände zu verpassen. Im Gegenteil: Häufig sind die ätzenden Versuche zu «kommunizieren» das Problem. Vielleicht könnte man sich ja schlicht davon lösen und wäre damit einer «Lösung» schon viel näher.
Gibt es überhaupt Situationen, wo reden über die Beziehung sinnvoll ist?
Ja, klar: Solange es Freude macht. Was soll eine verkrampfte paarinterne Sadomaso-Veranstaltung am Küchentisch? Ist doch bizarr, wie die Zwei sich grillieren und gleichzeitig nichts sehnlicher möchten, als es gut haben miteinander!
Also raten Sie Paaren zur Lockerheit?
Nein, zu Lockerheit kann man nicht raten, das ist ein Ergebnis. Was lockert, ist das gegenseitige Interesse im Alltag. Wenn meine Partnerin ganz simpel über ihren Tag erzählen möchte, und mich interessiert das, dann ist das ein gutes Gefühl, für beide. Weshalb? Weil sie erlebt, dass sie die Frau meines Lebens ist und sie mich wirklich interessiert.
Was würden Sie einem Paar raten, das trotzdem unglücklich ist?
Ich würde den einen Partner einladen: «Erzählen Sie ihrem Gegenüber mal, was Sie unglücklich macht. Nur erzählen, einfach berichten». Ich selbst würde sorgfältig dafür sorgen, dass der, der angesprochen ist, auch wirklich in aller Ruhe zuhört. Denn normalerweise will man gar nichts hören vom Liebeskummer des anderen. Man fühlt sich direkt angegriffen und ist voll damit beschäftigt, sich zu verteidigen.
An der Beziehung zu arbeiten ist ...
... Beziehungsarbeit ... Das klingt in meinen Ohren schräg. Wer an seiner Beziehung «arbeitet», hat meist eine Vorstellung, wie etwas sein sollte. Dabei will man den Partner doch möglichst dazu bringen, das zu liefern, was man gerne hätte, damit es einem gut geht. Damit man nicht zu kurz kommt.
Dann also lieber nicht gemeinsam an der Beziehung arbeiten?
Ja, nicht mehr als unbedingt nötig. Die österreichische Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek fasst es robust: «Liebe ist, nicht arbeiten müssen, nur da sein.
Wieso genügt das keinem?» Wenn schon arbeiten, dann an mir selbst. Damit ich selber mit meiner kindlichen Bedürftigkeit zurecht komme.
Man muss doch die eigenen Bedürfnisse ausdrücken. Oder etwa nicht?
Eher nicht. Bedürfnisse zu formulieren ist eine unmerkliche Kriegserklärung. Damit setze ich den Partner unter Druck. Ich selbst mache mich abhängig davon, dass der andere meine Bedürfnisse befriedigt. Beides schafft prekäre zweisame Verhältnisse. Jede Erwartung, die ich an eine Beziehung habe, ist ein Problem. «Erwartung» ist ein Synonym für «Problem». Das kann ich eigentlich nur erkennen, wenn ich ganz persönlich meine Beziehungserfahrungen auswerte. In einem «Beziehungsgespräch» ist das kaum möglich.
Sprechen wir denn überhaupt noch von einer Beziehung, wenn jeder vor allem auf sich selbst fokussiert ist?
Wenn jeder auf sein Gegenüber starrt und darauf wartet, dass das Glück von dort kommt, dann ist das keine Beziehung, sondern ein drohendes Irrenhaus.
Wie viel Kompromissbereitschaft braucht es in einer Beziehung?
Viel, sehr viel! Allerdings fällt mir auf, dass es gewöhnlich nicht die Bereitschaft zum Kompromiss ist, die fehlt. Es geht vielmehr um die Sozialkompetenz, die notwendig wäre, um einen befriedigenden Kompromiss auszuhandeln.
Braucht es denn überhaupt noch Paartherapeuten, wenn Beziehungsarbeit kein wirklich gangbarer Weg ist?
Solange die Nachfrage nach Orientierung so gross ist, wird wird es den Beruf geben. Natürlich wird sich eine neue Generation von Paartherapeuten den veränderten professionellen Anforderungen stellen.
Leben junge Paare heute anders zusammen?
Sie gehen Beziehungen oft viel lockerer ein. Sie bandeln etwas mit weniger absonderlichen Erwartungen an und binden sich nicht so schnell. Aus einem losen Kontakt wird dann plötzlich oder allmähllich eine Beziehung. Es fällt manchmal leichter, etwas zu lieben, das man schon hat, als nach etwas Liebeswertem zu fahnden, das einem fehlt.
Diese Unverbindlichkeit kann aber auch verunsichern.
Das stimmt. Die Freiheit bringt Ambivalenz und Unsicherheit mit sich. Früher wusste man noch, wo Gott hockt. Man traf und verlobte sich, man heiratete und wurde und blieb eine Familie. So einfach war das – scheinbar.
Und heute?
Die meisten Leute sind mit der neuen Unverbindlichkeit überfordert. Wenn ich mich nun für jemanden entscheide, habe ich paradoxerweise wieder mehr Freiheit. Weil ich die Alternativen, die ich vor der Entscheidung hatte, nun ausschlagen kann. Aber ich kenne auch Leute, die nicht aufhören zu suchen, auch wenn sie jemanden gefunden haben. Die behalten beispielsweise ihr Profil bei einem Online-Partnerportal, obwohl sie in einer Beziehung sind.
Weil einem sonst etwas entgehen könnte?
Ja. Die Jagd nach einem Partner hat heute etwas Lustvolles, Unendliches, genauso, wie meine Sehnsüchte unendlich sind. Und deshalb sind sie eigentlich nicht zu befriedigen. Früher konnte man das Jagdrevier abstecken: Beim Singen im Dorf oder im Turnverein. Heute eröffnet einem das Internet neue Welten. Kann ich nicht irgendwann ja zu jemandem sagen, bin ich immer auf der Suche, bin unzufrieden, unruhig, kann mich gar nicht richtig auf jemanden einlassen.
Wo stehen Sie heute, sieben Jahre nach der Trennung von Ihrer Frau?
Ich lebe seit Jahren in einer neuen Partnerschaft. Sehr viel Zeit habe ich nicht mehr. Zu meinem grossen Erstaunen beglückt mich das Verblühen oft deutlicher als ich immer erwartet hatte. Weil ich nicht allein bin. Und als ausgenüchterter alter Paartherapeut lebt es sich auch gut. Meistens.
... Beziehungsarbeit ... Das klingt in meinen Ohren schräg. Wer an seiner Beziehung «arbeitet», hat meist eine Vorstellung, wie etwas sein sollte. Dabei will man den Partner doch möglichst dazu bringen, das zu liefern, was man gerne hätte, damit es einem gut geht. Damit man nicht zu kurz kommt.
Dann also lieber nicht gemeinsam an der Beziehung arbeiten?
Ja, nicht mehr als unbedingt nötig. Die österreichische Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek fasst es robust: «Liebe ist, nicht arbeiten müssen, nur da sein.
Wieso genügt das keinem?» Wenn schon arbeiten, dann an mir selbst. Damit ich selber mit meiner kindlichen Bedürftigkeit zurecht komme.
Man muss doch die eigenen Bedürfnisse ausdrücken. Oder etwa nicht?
Eher nicht. Bedürfnisse zu formulieren ist eine unmerkliche Kriegserklärung. Damit setze ich den Partner unter Druck. Ich selbst mache mich abhängig davon, dass der andere meine Bedürfnisse befriedigt. Beides schafft prekäre zweisame Verhältnisse. Jede Erwartung, die ich an eine Beziehung habe, ist ein Problem. «Erwartung» ist ein Synonym für «Problem». Das kann ich eigentlich nur erkennen, wenn ich ganz persönlich meine Beziehungserfahrungen auswerte. In einem «Beziehungsgespräch» ist das kaum möglich.
Sprechen wir denn überhaupt noch von einer Beziehung, wenn jeder vor allem auf sich selbst fokussiert ist?
Wenn jeder auf sein Gegenüber starrt und darauf wartet, dass das Glück von dort kommt, dann ist das keine Beziehung, sondern ein drohendes Irrenhaus.
Wie viel Kompromissbereitschaft braucht es in einer Beziehung?
Viel, sehr viel! Allerdings fällt mir auf, dass es gewöhnlich nicht die Bereitschaft zum Kompromiss ist, die fehlt. Es geht vielmehr um die Sozialkompetenz, die notwendig wäre, um einen befriedigenden Kompromiss auszuhandeln.
Braucht es denn überhaupt noch Paartherapeuten, wenn Beziehungsarbeit kein wirklich gangbarer Weg ist?
Solange die Nachfrage nach Orientierung so gross ist, wird wird es den Beruf geben. Natürlich wird sich eine neue Generation von Paartherapeuten den veränderten professionellen Anforderungen stellen.
Leben junge Paare heute anders zusammen?
Sie gehen Beziehungen oft viel lockerer ein. Sie bandeln etwas mit weniger absonderlichen Erwartungen an und binden sich nicht so schnell. Aus einem losen Kontakt wird dann plötzlich oder allmähllich eine Beziehung. Es fällt manchmal leichter, etwas zu lieben, das man schon hat, als nach etwas Liebeswertem zu fahnden, das einem fehlt.
Diese Unverbindlichkeit kann aber auch verunsichern.
Das stimmt. Die Freiheit bringt Ambivalenz und Unsicherheit mit sich. Früher wusste man noch, wo Gott hockt. Man traf und verlobte sich, man heiratete und wurde und blieb eine Familie. So einfach war das – scheinbar.
Und heute?
Die meisten Leute sind mit der neuen Unverbindlichkeit überfordert. Wenn ich mich nun für jemanden entscheide, habe ich paradoxerweise wieder mehr Freiheit. Weil ich die Alternativen, die ich vor der Entscheidung hatte, nun ausschlagen kann. Aber ich kenne auch Leute, die nicht aufhören zu suchen, auch wenn sie jemanden gefunden haben. Die behalten beispielsweise ihr Profil bei einem Online-Partnerportal, obwohl sie in einer Beziehung sind.
Weil einem sonst etwas entgehen könnte?
Ja. Die Jagd nach einem Partner hat heute etwas Lustvolles, Unendliches, genauso, wie meine Sehnsüchte unendlich sind. Und deshalb sind sie eigentlich nicht zu befriedigen. Früher konnte man das Jagdrevier abstecken: Beim Singen im Dorf oder im Turnverein. Heute eröffnet einem das Internet neue Welten. Kann ich nicht irgendwann ja zu jemandem sagen, bin ich immer auf der Suche, bin unzufrieden, unruhig, kann mich gar nicht richtig auf jemanden einlassen.
Wo stehen Sie heute, sieben Jahre nach der Trennung von Ihrer Frau?
Ich lebe seit Jahren in einer neuen Partnerschaft. Sehr viel Zeit habe ich nicht mehr. Zu meinem grossen Erstaunen beglückt mich das Verblühen oft deutlicher als ich immer erwartet hatte. Weil ich nicht allein bin. Und als ausgenüchterter alter Paartherapeut lebt es sich auch gut. Meistens.
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor