Dr. Klaus Heer

20minuten vom 12. September 2015
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«Frauen mögens kleiner, als Mann denkt»

Der Lieblingspenis der Frauen ist kleiner, als die Männer denken. Laut einer neuen Studie ist der Wunschpenis nur leicht grösser als der Durchschnittspenis.

VON OENDRESA LLUGIQI
Dass sich Männer Gedanken über ihre Penisgrösse machen, ist verständlich. Doch welchen Penis bevorzugen Frauen? In einer neuen Studie haben Forscher der University of California in Los Angeles und der University of New Mexico anhand von 3-D-Modellen herausgefunden, dass der Wunschpenis der Frauen nur etwas grösser ist als der erigierte Durchschnittspenis in Amerika. Dieser hat laut der Studie 15,25 Zentimeter Länge und 12,7 Zentimeter Umfang, wie «Daily Mail» schreibt.

In der Studie mussten die Frauen zudem ihre zwei Favoriten aus 33 verschiedenen Penismodellen wählen. Der eine entsprach der idealen Grösse für einen One-Night-Stand, der andere für einen Langzeitpartner: Beim Langzeitpartner wählten die Frauen einen Penis mit 16,0 Zentimetern Länge und 12,2 Zentimetern Umfang. Für einen One-Night-Stand war der Penis etwas grösser: 16,3 Zentimeter Länge mit einem Umfang von 12,7 Zentimetern. Dennoch: Beide Wunschpenisse waren somit nur leicht grösser als der Durchschnittspenis.

Frauen wollen etwas spüren, aber keinen Schmerz
Der Psychologe und Paartherapeut Klaus Heer erklärt das Resultat der Studie so: «Menschen sind in der Sexualität grundsätzlich am liebsten ‹normal›. Frauen wollen gewöhnlich kein Ding, das ihnen ‹wehtut›, sie wollen aber ‹etwas spüren›.»

Körper- und Sexualtherapeutin Marlise Santiago bestätigt das: «Optisch kann es für Frauen schön sein, wenn der Penis grösser ist», sagt sie. «Vom Spüren her ist es einfach wichtiger, dass der Mann optimal damit umgeht.»Und: «Ein grosser Teil der Frauen bekommt von vaginalen Aktivitäten allein keinen Orgasmus – egal, wie gross der Penis ist, es braucht zusätzlich eine Vulva-Stimulation.»

Männer haben falsche Vorstellungen
Doch: «Viele Männer haben durch Pornos falsche Vorstellungen», sagt Santiago. «Sie denken, dass sie einen grossen Penis brauchen, weil in diesen Filmen alle einen XXL-Penis haben und es den Frauen zu gefallen scheint.»

Dies bestätigt auch Heer: «In Pornos fahren die Darsteller mit Apparaten auf, die vor allem die Männer beeindrucken. Und auch erregen.»

Männer setzen Männer unter Druck
Laut Santiago führen diese falschen Vorstellungen und auch die Sprüche unter den Männern dazu, dass sich Männer mit einem kleinen Penis schämen: «Sie schämen sich so sehr, dass sie nach dem Sport nicht einmal mit den anderen duschen wollen, obwohl man dabei nicht den Penis im erigierten Zustand sieht.»

Auch sollte man laut Santiago bedenken, dass die Penisgrösse erbbedingt ist: «Es ist wichtig, dass sich die Männer mit ihrem Penis anfreunden und diesen gut einzusetzen lernen.» Dafür gebe es auch Techniken, die man erlernen könne.

«Frauen sind in ihrer Vagina nicht präsent»
Dass viele Frauen beim vaginalen Verkehr keinen Orgasmus bekommen können, liegt laut Santiago aber nicht am Mann: «Auch heute schieben viele Frauen ihre Verantwortung beim Sex auf den Mann», sagt Santiago. «Wenn der Sex nicht gut war, gibt sie ihm die Schuld.»

Dabei könnten Frauen selber etwas für sich tun: «Die wenigsten Frauen sind wirklich präsent in ihrer Vagina. Sie müssten lernen, dort präsent zu sein und das Erfahrene auch zu kommunizieren.» Beispielsweise würden nur sehr wenig Männer wissen, dass die Partnerin Schmerzen hat. «Es ist ein Tabu», sagt Santiago. «Dabei gibt es sehr viele, die vor allem beim Eindringen Schmerzen haben.»

Tipps für den Umgang mit Penissen
Falls der Penis – aus welchem Grund auch immer – Mühe bereiten sollte, gibt die klinische Sexologin Karoline Bischof folgende Tipps: «Ist der Penis zu dick, kann eine Frau mit ihren Fingern oder Sextoys die Scheide allmählich an einen grösseren Umfang gewöhnen – doch das dauert eine gewisse Zeit.»

Falls der Penis zu lang sei, seien Stellungen mit geringerer Eindringtiefe besser. «Ist er zu klein, helfen Techniken, das Becken anders zu bewegen und mehr mit den Beckenbodenmuskeln zu spielen, um die Erregung zu unterstützen und ihn mehr zu spüren.»

One-Night-Stand als Fantasie
Dass bei der amerikanischen Studie der One-Night-Stand-Penis etwas grösser war als der Langzeitpartner-Penis, rechnen sowohl Heer als auch Santiago der Fantasie der Frauen zu: «Der One-Night-Stand ist eine sexuelle Beziehungsform, die mit speziell viel erotischer Romantik umwoben ist – der Sex fällt vom Himmel direkt in den Schoss», sagt Heer. «Da erlaubt man sich etwas mehr unrealistische Erwartungen als im gewöhnlichen Leben. Und der Penis darf ruhig etwas länger sein.»

Bei einem One-Night-Stand gehe es nur um Sex – um eine kurze und einmalige Erfahrung, sagt Santiago. «Es ist nur eine Genitalien-Begegnung.» Man lebe dabei eine andere Art Sex aus als in einer längeren Beziehung, wo es um Qualitäten wie Liebe, Nähe, Zärtlichkeit und Kommunikation gehe.
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor